Trauer
1. Dezember 2011, 18 Uhr
Foto vom 14. Februar 2009: Christa Wolf signiert mir eines ihrer Bücher
Christa Wolf ist tot. Meine Heldin. Ich bin total traurig.
Erst heute früh um sieben Uhr habe ich an sie gedacht. Ich las einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung über den schiefen Kirchturm von Bad Frankenhausen, hatte die Idee, dorthin zum nächsten Geburtstag von Christa Wolf zu fahren. Christa Wolf besuchte in dem Ort die Schule und hat dort ihr Abitur gemacht. Ich dachte noch, hoffentlich wird sie diesen nächsten Geburtstag auch erleben.
01 Dez 2011 Achim Bodewig
Etwas lang, aber unvergessen:
Bleiben Sie hier !
„Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,
wir alle sind tief beunruhigt. Wir sehen die Tausenden, die täglich unser Land verlassen. Wir wissen, dass eine verfehlte Politik bis in die letzten Tage hinein ihr Misstrauen in die Erneuerung dieses Gemeinwesens bestärkt hat. Wir sind uns der Ohnmacht der Worte gegenüber Massenbewegungen bewusst, aber wir haben kein anderes Mittel als unsere Worte. Die jetzt noch weggehen, mindern unsere Hoffnung. Wir bitten Sie, bleiben Sie doch in Ihrer Heimat, bleiben Sie bei uns!
Was können wir Ihnen versprechen? Kein leichtes, aber ein nützliches Leben. Keinen schnellen Wohlstand, aber Mitwirkung an großen Veränderungen. Wir wollen einstehen für Demokratisierung, freie Wahlen, Rechtssicherheit und Freizügigkeit. Unübersehbar ist: Jahrzehntealte Verkrustungen sind in Wochen aufgebrochen worden. Wir stehen erst am Anfang des grundlegenden Wandels in unserem Land. Helfen Sie uns, eine wahrhaft demokratische Gesellschaft zu gestalten, die auch die Vision eines demokratischen Sozialismus bewahrt. Kein Traum, wenn Sie mit uns verhindern, dass er wieder im Keim erstickt wird. Wir brauchen Sie. Fassen Sie zu sich und zu uns, die wir hier bleiben wollen, Vertrauen.“
Christa Wolf u.a.
Berlin, den 08.09.1989
Richtig: Berlin, den 08.11(!!)1989
@icke: Schöne Worte, die nichts bewirkten, wie wir (leider) wissen. Auf der anderen Seite kann ich die DDR-Bürger verstehen, die Wolf nicht über den Weg trauten. War sie es nicht, die nach der Ausbürgerung von Biermann zusammen mit Stephan Hermlin eine Unterschriftenaktion machte, die Hunderte Intellektueller dazu brachte auch zu unterschreiben? War sie es nicht, die dann ihre Unterschrift zurückzog und sich quasi entschuldigte für ihre Unterschrift? Ist sie damit nicht direkt verantwortlich dafür, dass die jungen Intellektuellen entlassen, von Unis entfernt und politisch verfolgt wurden? Wer aus der DDR sollte solch einer zweifelhaften Heiligen im Jahre 1989 noch über den Weg trauen und ihren Worten Glauben schenken? Ich hätte das auch nicht getan.
Ich denke Günther Grass hat es richtig erfasst indem er sagte, das Christa Wolf viel Verleumdung , verfälschte Zitate und immer wieder versuchten, ja auch durchgeführten Rufmord erhalten hat.
Entschuldigungen hat es hingegen nie gegeben…
Für mich war sie eine Heldin !